Verhalten des Hundes

Einleitung

Welche unterschiedlichen Strategien eine Tierart im Kampf ums Überleben anwendet, zeigt sich in den Verschiedenheiten des Verhaltens. Nur wer besondere Fertigkeiten entwickelte, konnte sich weiter fortpflanzen und diese Fähigkeiten an die nächste Generation weitergeben. Hunde haben sich im Laufe der Entwicklungsgeschichte durch ihre zweckmäßige Art besonders an ihre Umwelt angepasst.

Aufgrund ihrer hervorragend ausgebildeten Sinne, konnten Hunde auch ohne menschliche Hilfe überleben, wenngleich diese Fähigkeiten durch die Anpassung an die Umwelt starken Veränderungen unterworfen war. Hunde waren Ausdruck der Kultur in der sie gehalten wurden, gleichsam aber auch der Kaste ihres Halters. Ihre Überlebensfähigkeit hing von verschiedenen Faktoren und  je nach Region offensichtlich von ihrer Funktion als - Schlittenhund, Wachhund, Jagdhund, Hirtenhund etc.- ab. Entsprechend einseitig ist das Verhalten. Verliert ein Hund diese Funktion, weil diese einfach nicht mehr gebraucht wird (no sheeps, no dogs), kann sein Überleben von anderen Faktoren abhängen, wie z.B. Sozialpartner des Menschen sein, Anpassungsfähigkeit an das Stadtleben (einziger Raum für verwilderte Hunde zu überleben), niedlich und schmusig sein
(Schoßhunde) etc.

Foto: Ilona Hambitzer

Foto: Alex Hutter

Ausdrucksmöglichkeiten und Wahrnehmungen des Hundes

Hunde nehmen anders wahr als Menschen. Anders als oftmals der Mensch, der sich meist nur auf die Sprache verlässt - obwohl auch die Menschen andere Ausdrucksmöglichkeiten zur Verfügung haben - verständigen sich Hunde durch viele verschiedene Signale, wie unterschiedliche Körperhaltung, Gesichtsausdruck, Laute, aber auch durch Riechen und Hören untereinander. Ihre Sprache ist so perfekt, dass sie sich sogar mit Hunden anderer Länder verständigen können, weil alle gesendeten Signale gleich verstanden werden. Um die Kommunikation unter Hunden und damit letztlich seinen eigenen Hund besser verstehen zu können, wäre es also angebracht, Hunde im Verhalten zu ihren Artgenossen gut zu beobachten und daraus zu lernen. 

Grundkenntnisse über das Verhalten von Hunden sollte im Übrigen nicht nur für jeden Hundebesitzer, sondern auch für denjenigen, der keinen Hund besitzt selbstverständlich sein. Ansonsten kann es zu Problemen kommen, die unter Umständen sehr schmerzhaft sind. Falsche Deutungen haben sicher schon manchmal das Leben eines Hundes aufs Spiel gesetzt, weil bestimmte Verhaltensweisen von Menschen als Bedrohung angesehen werden (z.B. Knurren) und der Mensch deshalb falsch eingreift. Wichtig ist, dass man das gesamte Kommunikationsbild erkennt, denn dass Hunde unsere menschliche Sprache erlernen, halte ich für völlig ausgeschlossen, wenngleich sie mit einigen Worten bestimmte Aktionen verbinden.

Am intensivsten zeigt sich Kommunikation, wenn Sender und Empfänger im gegenseitigen Wechsel die gleichen Signale versenden und verstehen............



a) Sehen
Objekte in direkter Nähe des Hundes werden von ihm nur unscharf wahrgenommen. In weiterer Entfernung kann der Hund aber Dinge besser erkennen, allerdings muss der Gegenstand sich bewegen, ansonsten nimmt der Hund ihn nicht wahr. Erst die Bewegung löst dann bei ihm die Aufmerksamkeit aus.
Sind die Sichtverhältnisse schlecht, kann der Hund dagegen wesentlich besser sehen als der Mensch. Außerdem orientiert sich der Hund im Dunkeln auch mithilfe der Tasthaare an Augen und Nase. 

b) Hören
Hunde "sehen" auch mit den Ohren:
Das Gehör des Hundes ist hervorragend. Anders als der Mensch, können Hunde auch auf weite Distanzen noch Töne wahrnehmen, die für ein Menschenohr verborgen bleiben - man denke an die Hundepfeife. Sehr hohe Töne können beim Hund Unwohlsein auslösen, zumindest kann man dann beobachten, dass die Geräusche als unangenehm empfunden werden.

c) Riechen
Hunde "sehen" hervorragend mit der Nase:
Das Riechorgan ist beim Hund wohl das bestausgebildete Organ, es nimmt praktisch eine unbegrenzte Zahl an Duftstoffen auf, die auf verblüffende Weise alle voneinander unterschieden werden können. 
Der Geruchssinn vereinigt sich mit Sehen und Hören und baut so die Erlebniswelt des Hundes auf. Optische und akustische Reize, die beim Menschen einen sehr hohen Stellenwert haben, treten beim Hund eher in den Hintergrund. Die Geruchsinformationen sind für den Hund etwa mit dem menschlichen Zeitungslesen zu vergleichen. Da Hunde (aber auch andere Tiere) bestimmte Nachrichten (Kot oder Urin) hinterlassen, kann ein Hund z.B. durch Aufnahme eines weiblichen Duftstoffes sofort erkennen, ob das Weibchen paarungsbereit ist oder Junge hat und vieles mehr.

d) Körpersprache und Lautäußerungen
Imponiergehabe, Drohgebärden aber auch Unterwerfungsgesten dienen zur Verständigung und sind wichtiger Bestandteil der Körpersprache. So kann der Hund allein durch den Blick oder durch eine bestimmte Körperhaltung dem Gegner signalisieren, wer der Stärkere ist.

Auch Sympathie, Freude oder Ärger, sowie Angst kann man an verschiedenen Merkmalen wie Rutenhaltung, hochgestellte Haare, Ohrenhaltung, Körperhaltung, aber auch durch Lautäußerungen wie Knurren, Drohen (Zähne zeigen, Nase kräuseln) Bellen, Brummen etc. erkennen. Dabei kann man an Hand der fein nuancierten Laute feststellen, dass z.B. Brummen nicht unbedingt gleichzusetzen ist mit knurren. Letzteres würde Warnung bedeuten, ein zufriedenes Brummen dagegen zeigt...Zufriedenheit. Selbst beim Bellen gibt es unterschiedliche Informationsformen - freudiges, warnendes, drohendes bellen - bis hin zu Jaulen, heulen etc.

Wie bereits erwähnt, haben Hunde ein wesentlich besseres Gehör als Menschen. Darum können und sollten wir mit unseren Hunden niemals herumschreien, wie es leider sehr oft auf Hundeplätzen zu sehen und vor allem zu hören ist. Mit diesem Verhalten würden wir nämlich allenfalls erreichen, dass unser Hund hiergegen abstumpft. Letztlich berauben wir uns sogar einer wichtigen Möglichkeit, wenn es nämlich einmal angebracht sein sollte mit etwas lauterer Stimme zu arbeiten. Leise Laute fordern eine größere Konzentration vom Hund. 

Dank ihrer guten Beobachtungsgabe können wir durch erlernte Signale auch auf weiteren Strecken mit dem Hund kommunizieren.
Solche Signale benutzten die Hirten, um sich mit ihren Hunden bei der Arbeit zu verständigen. Bei Hütehunden kann man heute noch diese Arbeitsmethode beobachten.
Foto: Ilona Hambitzer


Auch bei tauben Hunden sind Handzeichen ein wichtiges Hilfsmittel, während bei einem blinden Hund mit akustischen Signalen gearbeitet wird.

Hirtenhunde als Familienhunde

Obwohl es bereits hinreichend erwähnt wurde noch einmal:
Wichtigste Voraussetzung für eine gute Mensch-Hund Beziehung ist das innere Band zwischen Mensch und Hund. Hirtenhunde die "abgestellt" in einem Zwinger ihr Leben fristen müssen, können ihre Intelligenz nicht entwickeln. Während sich der Hund bei der Herde frei bewegen und seine Aufgabe ausführen kann, müssen wir ihm nun, nachdem wir seinen Aufgabenbereich verändern die Möglichkeit geben, diese auch erlernen zu können. Dieses Erlernen, nämlich das intensive Zusammenleben mit dem Menschen und die sich daraus entwickelnden Ansprüche, kann der Hund natürlich nur dann aufnehmen, wenn wir ihm die Möglichkeiten zum Lernen geben, wenn wir also sein Vertrauen von seiner Umwelt bestätigen lassen. Deshalb ist eine weitere wichtige Grundvoraussetzung für die Beziehung zwischen Mensch und Hund, Verständnis und die Bereitschaft "selber" lernen zu wollen (wie oben erwähnt). 
Dinge von einem Hirtenhund zu verlangen zu denen er aus Gründen seiner Entwicklung nicht in der Lage ist, macht immer Probleme und Schwierigkeiten. Man sollte wissen, dass man nur die Dinge bei einem Hirtenhund fördern kann, die auch "genetisch vorhanden" sind.

Wer begreift, dass genetische Disposition über Adaption steht - keiner kann aus seiner Haut - wird nicht enttäuscht!
Will man dagegen dieses genetisch fixierte Verhalten aus dem Hund herausbringen und aus ihm z.B. einen Deutschen Schäferhund machen, macht man den Hund kaputt. 

Eine besondere Charaktereigenschaft der Hirtenhunde ist, dass sie dazu neigen in ihrem Verhalten von einem Punkt zum anderen zu springen. Wir Menschen nennen das "Unkonzentriertheit". Auf diese "Unkonzentriertheit wird man deshalb oft in Hundeschulen, die keinerlei Erfahrung mit Hirtenhunden haben, angesprochen. Dort heißt es dann vorschnell, dass man seinen Hund nicht "im Griff" habe, weil er nicht konzentriert bei der Sache sei. Man übersieht dabei geflissentlich, dass Hirtenhunde eben einen eigenen Charakter haben und dass Lebewesen eben nicht in ein vorgegebenes Schema zu "pressen" sind.

Verhaltensmuster

Als Verhaltensmuster wird eine Verhaltenskette " Sehen - Anschleichen - Jagen - Zerlegen" angesehen.
Eine Verhaltenskette ist ein abgeschlossener Verlauf, wird er unterbrochen, verändert sich das Verhalten und der Hund fängt wieder von vorne an. Diese Erkenntnis ist bei der Erziehung eines Hundes sehr wichtig, damit nicht die gesamte Verhaltenskette abgespult wird. 
Alle gewünschten Verhaltensmuster müssen also durch die Umwelt bestätigt werden, sonst gehen sie verloren. Deshalb  wird das Verhalten, das unangebracht ist einfach nicht gefördert.

Hirtenhunde zeigen im Gegensatz zu Hütehunden ein anderes Verhalten.

Sie sind meist ein wenig scheu und schüchtern. Am besten sieht man dies auf Ausstellungen im Schauring. Ihre Lust am Laufen ist sehr gering und sie finden es fad, irgendwelche Übungen zu machen.
 
Am liebsten liegen sie herum, trotten hinter einem her oder aber buddeln an irgendeiner Stelle. 
Wenn es allerdings sein muss, ist der Hirtenhund blitzschnell zur Stelle......

 

  

Foto: Ilona Hambitzer