Wie finde ich meinen Traumhund?

Ein halbes Jahr habe ich um meinen letzten Hund getrauert, dann war mein Herz wieder frei für ein neues Hundeabenteuer! So viel war klar, keinen überzüchteten Rassehund mehr, ein gesundes, großes Tier mit Freude an Bewegung und einem friedlichen Charakter!
Also ab ins Internet!

Nach langem Stöbern stieß ich auf die Seite: http://www.tornjaci.de/ Willkommen bei Tornjaci von Ilona Hambitzer verfasst und sofort schlug mein Herz und mir war klar, das ist er,  mein bzw. unser neuer Traumhund ! Nur wie können wir uns finden?

Überall wo der Tornjak auftauchte habe ich hingeschrieben, leider ohne eine einzige Antwort zu bekommen, nur immer wieder Warnungen meines Virenprogrammes; also so ging es nicht. Auch Kontakt zu Alex Hutter war nicht möglich. Da fiel mir ein, dass wir in der Nähe ein kroatisches Biorestaurant haben mit einem sehr freundlichen Kroaten als Besitzer. Als ich ihm von meiner Sehnsucht erzählte, so ein wunderschönes Nationalheiligtum der Kroaten  und  Serben , einen Tornjak zu besitzen, versprach er, mir zu helfen. Sein Bruder lebe in Split, fahre beruflich durch ganz Kroatien und ist auch Hundeliebhaber, der werde nach einem guten Züchter Ausschau halten !Und ich möchte einen kroatischen Namen für meinen Hund, da nannte er mir Goran, so richtig schön mit lang gerolltem R  : Goorrrrran, das gefiel mir sofort!

Das war im Herbst 2006.
Viele Wochen später dann die Nachricht, dass Mila einen Züchter in Soller, einem kleinen Ort vor Split gefunden hat mit Welpen und der könnte mir ein Tier verkaufen.
Am 17.Januar 2007 plötzlich ein Foto als Mail  von einem Tornjakwelpen, mit der kurzen Info, das ist er!






Jetzt Flug buchen, sicher stellen, dass mein Welpe Goran mit in den Passagierraum darf. Dann die Nachfrage, wie groß ist er??? Woher weiß ich, wie groß ein acht Wochen alter Tornjakwelpe ist? Niemand konnte mir das sagen!
Also sicherheitshalber den Rückflug storniert, mit einer anderen Fluggesellschaft einen Boxenplatz im Frachtraum geordert. Jetzt Flugbox kaufen. Wie groß muss sie sein, der Hund muss darin stehen können, besser zu groß kaufen als zu klein!
Dann beim Tierarzt Beruhigungspillen für den armen Nestflüchtling , mit langer Tabelle für Gewicht und entsprechender  Menge.
Und was erwartet mich in Kroatien? Ein Züchter, der weder Deutsch noch Englisch kann. Ein Bruder, der vielleicht ein wenig Deutsch spricht aber mit englisch sprechender Frau! Wenn ich keinen Zugang zu dem Welpen bekomme, muss ich wieder nach Hause fliegen, wie mache ich dem Züchter das klar? Dann das Problem mit der Tollwutimpfung, die der Hund zur Einreise benötigt, die aber bei einem achtwöchigen Hund noch nicht vorgenommen werden kann !.Mein Tierarzt sagte, dass sei bei Hunden die aus Spanien kommen, völlig unproblematisch.“ No Problem Irene“, wie oft habe ich das später in Kroatien gehört und wie haben sich alle getäuscht!
Also, meine Vorfreude war doch etwas differenziert: auf der einen Seite die Spannung, so eine schöne Hunderasse kennen zu lernen und damit vielleicht meinen zukünftigen Wegbegleiter für viele, viele Jahre und auf der anderen Seite die vielen Fragezeichen!

Endlich der Tag des Abfluges! Die leere Box mit einem kleinen Leckerchen versehen, damit sie nicht ganz so verloren zwischen den Kisten und Koffern steht.
Und flugs ging der Flug vorbei, ich stehe in Split auf dem Flughafen mit meiner Box und schon kommt ein Mann lächelnd auf mich zu und sagt in schönstem Deutsch, „ du musst Irene sein“! Ab da war alles gut!
Als ich meinen Wunsch äußerte, mir zuerst   ein Hotel zu suchen, sah ich meinen Fahrer Mila, empört und völlig verständnislos neben mir sitzen und das Thema war erledigt !
Dafür ging es gleich zum Züchter!
Es war Liebe auf den ersten Blick, beiderseits! Das habe ich gespürt! Als ich dieses seidenweiche Kuscheltier im Arm hielt mit der asymmetrischen Gesichtszeichnung und dem superkessen Blick wusste ich, für den nehme ich alle Strapazen in Kauf! Und die kamen auch und, ich gestehe es sehr leise, manchmal auch jetzt noch so hin und wieder!
Von meinen Gastgebern wurde ich in diesen Tagen zu den schönsten Stellen in Kroatien gefahren, sogar bis nach Dubrovnik sind wir gekommen. In Hafenkneipen und Restaurants den tollsten Fisch gegessen, kurz, mit einer überwältigenden Gastfreundschaft verwöhnt, die uns Deutschen, wo wir so viel mehr materielle Güter haben, doch ziemlich abhanden gekommen ist.
Auch der Züchter hat uns mit köstlichem Fleisch aus dem Erdtopf verwöhnt und  seine Familie hat mir die antiken Stätten rund um Split gezeigt!
Nur die kleine Tochter des Züchters war sehr traurig ihren Spielgefährten zu verlieren und ich konnte ihren Schmerz gut verstehen!


Unsere  Besichtigungstouren wurden unterbrochen von Tierarztbesuchen.“No Problem Irene“ wir kriegen den Tollwut Impfstempel ! Alles „ goods friends“, aber nix war mit Stempel!
Eine sehr gut Englisch sprechende Ärztin beschimpfte mich schließlich, dass ich von ihr verlange, ihre Praxis aufs Spiel zu setzten mit meinem Wunsch, so etwas unrechtes zu erwarten! Da gab ich auf und dachte, na gut, dann kein Problem, wenn das alle sagen, genieße ich einfach die Zeit hier!
Der Abflugtag kam, Goran schluckte brav seine Pille und ging ohne aufzumucken in seine Box und wir flogen bis nach Frankfurt.
Mein Mann hatte von uns aus einen Fahrer organisiert,  der uns abholen sollte, denn alleine konnte ich mit Goran nicht Auto fahren.


Auf einem separaten Laufband kam meine Kiste mit Goran , der mich putzmunter begrüßte und als ich dachte, jetzt kann ich mit ihm los, kam ein sehr freundlicher amtlicher Veterinär auf mich zu , stellte sich vor und verlangte Gorans Papiere .Da Kroatien nicht zur EU gehört, war es kein Europäischer Pass, und er mühte sich sehr , diesen zu entziffern, kam aber schnell zu dem Schluss, das keine Tollwutimpfung erfolgt sei und Tiere ohne gültige Tollwutimpfung in Quarantäne müssen, meistens drei bis vier Wochen !
Mein einziger Gedanke war, jetzt bloß nicht hysterisch werden, ganz ruhig bleiben und nett mit dem jungen Mann verhandeln. mit dem jungen Mann verhandeln.
Als Argumente nicht fruchteten, hab ich ihm einfach Goran auf den Arm gegeben, mein letzter Joker dachte ich, aber auch der half nicht. Es tat ihm wirklich leid, das merkte ich deutlich, als er mir klarmachen musste, dass der Hund hier auf der Station bleiben muss.
Sehr traurig stieg ich ohne meine Kiste in den Wagen, nur in Gedanken bei meinem armen Hund, der in irgendeinem Käfig gesteckt wird und das nach der Trennung von seiner Erstfamilie, seiner Mutter und dem sicher stressigen Flug!
Aber ich hatte eine Telefonnummer von Wiesbaden vom Hessischen Landeslabor, tierärztliche Grenzkontrolle und da rief ich sofort an ,als ich zu Hause war und weinend erzählte ich die traurige Geschichte !Die Dame versprach, sich persönlich um diesen Fall zu kümmern und richtig, nach einer schlaflosen Nacht klingelte morgens das Telefon und eine Stimme sagte die schönsten Worte der Welt: „ Sie können ihren Hund abholen“
Drei Stunden später irrte ich durch Flughafenstraßen, an völlig gleich aussehenden, menschenleeren Gebäuden vorbei , zum Export Terminal Tierstation zu der Person, die „ Waren in der vorübergehenden Verwahrung lagert „Irgendwann entdeckte ich die richtige Rampe und ein älterer Herr sagte mir, nachdem ich ihm die Papiere zeigte, den können sie nicht abholen, der ist vom gesamten Personal adoptiert !


Da saß nun mein kroatischer Löwe, freudig wedelnd im gelbgekachelten Verlies, sichtbar ausgeschlafen und guter Dinge!
Die Verabschiedung vom Zollamt wurde begleitet von massenhaften Leckerchen vom Personal, nur das Wort „ auf Wiedersehen „hab ich mir verkniffen!
Auf der Rückbank meines Autos angekommen kuschelte Goran sich sehr zufrieden in den Arm seines Betreuers wo er friedlich schlummerte bis wir unser Zuhause erreichten.
Sein neues Herrchen war ausnehmend begeistert von meiner Wahl und unserem neuen Hausgenossen, der gleich sein neues Revier erkundete und mit dem Ergebnis zufrieden war.
Und so leben wir fast schon drei Jahre zusammen, haben viel Freude  und arbeiten zusammen um ein für die Zivilisation akzeptables Glied der Gesellschaft zu werden.

 

Irene Drehman , Februar 2010                                             Fotos:  Ulrike Kriewitz, Irene Drehmann