Emmas neues Zuhause
von Rieti/Italien nach Bonn am Rhein

Die ehemalige Heimat

Man kann nicht allen helfen, sagt der Engherzige und hilft keinem. (Marie von Ebner-Eschenbach)

Wie lange Emma genau in dem Tierheim zubrachte wissen wir nicht, laut Impfpass wurde sie am 1.1.04 tätowiert. Es könnte auch sein, dass sie dann direkt kastriert wurde, was ja meist mit der Aufnahme ins Tierheim passiert. Dies halten wir aber für unwahrscheinlich, denn auch das Geburtsdatum von Emma wurde auf den 1.1. (2001) datiert. Der 1.1. scheint in Rieti eine magische Zahl zu sein. Möglicherweise wurde sie vor der "Ausreise" kastriert bzw. sterilisiert. Das sind aber alles nur Spekulationen, in Rieti wird nämlich kein Buch über die Hunde geführt.

Geht man von diesem magischen Datum 1.1.04 aus, würde es bedeuten, dass sie ungefähr 3 Jahre im Tierheim Bambi/Rieti zugebracht hat. Wenn man diese 3 Jahre in Relation zu einem Menschenleben setzt, wären das 15 Lebensjahre gewesen.

Mehr über Emma erfährt man auch hier:
http://Emma.de.to

Claudia Röckl http://www.hundepfoten-in-not.de/TierheimeItalien.html 

 
     
 
     
Emma in Rieti
     

 

                             So weit das Auge reicht....bis zum Horizont Käfige                              Hinweisschild Canile

Diese "15" Jahre bedeuteten ein Leben  ohne Auslauf, ohne Zuwendung, dafür aber mit schlechtem Futter, schlechter tierärztlicher Versorgung etc. In Rieti, 70 km nördlich von Rom, leben zum Teil bis zu 800 Hunde, für die 5 Personen zuständig sind, in kleinen, engen Zwingern untergebracht. Die Lebensumstände sind auf ein Minimum gedrosselt. Es gibt weder Decken, auf denen sie liegen können, was im Winter oftmals den Tod für viele von ihnen bedeutet, denn sie frieren praktisch am Boden fest, noch ein Dach über dem Kopf. Im Sommer sind sie der Sonne (ohne Schutz) ausgesetzt. Wasser ist Mangelware und "natürlich" wird zuerst am Tier gespart. Quälereien durch das Personal gehören ebenfalls zur Tagesordnung. Sie haben Freude daran, die Tiere durch die Gitter bis aufs Blut zu reizen, sie mit Wasserschläuchen in die Enge zu treiben, nutzen dieses Ausgeliefertsein "schamlos" aus........


Die Hunde werden mit Stricken oder Schlingen eingefangen und in viel zu enge Zwinger gestopft, egal, ob sie sich miteinander vertragen oder nicht. Es ist die Hölle.

Lebensbedingungen in Rieti, Lebensraum mit Futterplatz und das "täglich frische" Wasser!

Emma hat diese Strapazen bis zu ihrer Befreiung körperlich relativ gut überstanden, obwohl sie in einem miserablen Zustand war, aber sie hatte keine nennenswerten Krankheiten, bis auf die Demodex bei der Ankunft, die wir aber schnell in den Griff bekamen. Emma ist eine Kämpferin.
Andere haben weniger "Glück"............warten auf den Tod.

sämtliche Fotos: www.hundepfoten-in-not.de - Angelika List
es gibt noch schlimmere Fotos aus Rieti, aber wir wollen hier keinen Leser überfordern.

Da wo Emma her kommt herrscht gegenüber Tieren sehr große Verachtung und Brutalität. Im Haus sind Hunde absolut unerwünscht. Sie werden in Verschlägen gehalten und nur während der Jagdsaison "gebraucht", da dürfen sie sich frei bewegen. Passen die Hunde nicht ins Konzept, sie zeigen z.b. keine Jagdleidenschaft, werden sie kurzerhand ausgesetzt und sich selbst überlassen. Viele sterben auf den Strassen.
Auch werden die Hunde nicht kastriert, da man sie nicht ihrer "Natur" berauben möchte.
Dass man sich aber anschließend der Nachkommen einfach so entledigt, sie brutalst "entsorgt", scheint niemanden zu stören
.

Oftmals hört man hier Stimmen lauthals verkünden, man solle diese Hunde besser in dem Land lassen wo sie hingehören, weil unsere Tierheime schon voll genug seien. Auch ich muss mir so etwas manchmal anhören. Aber, erstens werden nur solche Hunde hier hingeholt, die bereits einen Platz haben (zumindest verantwortungsvolle Organisationen handeln so) und zweitens hat jeder Hund in unseren Tierheimen, gemessen an den Zuständen in Rieti, immer noch den Himmel auf Erden. Wer bei so viel Elend und Unglück - wofür die Hunde überhaupt nichts können, denn es waren Menschen, die sie in so eine Lage gebracht haben - wegsehen kann, der mag die Augen schließen. Wir können es nicht.



Das neue Zuhause

Wir wohnen in der Nähe des Rheins, in einer ehemaligen Wäscherei aus dem Jahre 1898. Der Ortsteil heißt Bonn-Beuel. Von der Straße aus gesehen, handelt es sich um ein kleines, bescheidenes Haus, was sich aber sehr großzügig nach hinten öffnet und in einen 1800 m² großen Garten über geht. Fast alle Häuser haben ähnlich große Gärten, die sich von den Häuserreihen umschlossen, in einem Quadrat befinden. Es ist hier so ruhig wie auf dem Land, von der Straße hört man kaum etwas, ein kleines Paradies. Die Hunde haben den ganzen Tag freien Zugang zum Garten, da das Haus, zumindest im Sommer, immer offen ist.


 


 

Fotos: Ilona Hambitzer

Beide Hunde genießen diese Möglichkeit sehr. Da wir zu Hause arbeiten, sind sie auch nie allein, können jederzeit Kontakt aufnehmen. Meist liegen sie aber im Schatten der Bäume im Garten und schlafen. Emma fühlt sich sichtbar wohl, sie genießt es, endlich laufen, springen und toben zu können.

Blick auf das Siebengebirge

Meist nimmt sie bei den täglichen Spaziergängen ein Bad im Rhein, sie ist nämlich eine leidenschaftliche Schwimmerin

Obwohl sich zunächst die Hunde gut verstanden haben, traten mit der Zeit doch erhebliche Spannungen zwischen ihnen auf. Die Umstellung war für Emma ziemlich stressig. Außerdem hatte sich ihr Ohr schlimm entzündet, sodass ich jeden Tag mit ihr den Tierarzt aufsuchen musste. Emma ließ mich das Ohr einfach nicht behandeln, in der Praxis schrie sie bei jeder Behandlung wie um ihr Leben.

Es war nicht so, dass die Untersuchung oder die Ohrspülung sie schmerzte, eher vermuteten wir, dass sie schlechte Erfahrungen gemacht haben muss, was sich später auch bestätigte. Ich erfuhr nämlich, dass die Kastration der Hunde sehr brutal vorgenommen wird, dass es üblich ist, die Hunde bei einer OP nur zu sedieren, damit sie sich nicht bewegen können und ruhig gestellt sind.  Hierbei wird auch keine Rücksicht auf den gesundheitlichen Zustand des Tieres genommen, egal, wie abgemagert oder wie krank das Tier auch ist.

Wundert es da, dass ein so "behandeltes" Tier schon bei Betreten einer Praxis in panische Ängste verfällt und um sein Leben schreit......?

Anfang Dezember stellte die Tierärztin Verdacht auf Struvitsteine fest, sie hatte bereits Blut im Urin. Emma sollte zukünftig ein Diätfutter bekommen, der Urin wurde täglich mittels Messstreifen untersucht und Emma sollte viel Flüssigkeit zu sich nehmen. Bei der Nachuntersuchung am 8.Dezember stellten wir dann fest, dass Emma trotz "Kastration" heiß wurde, das war auch nun endlich die Erklärung dafür, warum Blut in ihrem Urin war.

Die Hitze dauerte "46 Tage" und endete mit einer nochmaligen Kastration, weil es ihr nicht sonderlich gut ging, und die Blutung einfach nicht aufhören wollte. Emma hatte eine starke Blutung der Gebärmutter (Hämometra). Außerdem war sie im höchsten Maße gestresst. Grundsätzlich würde eine Hündin niemals in der Hitze kastriert werden, weil dies einen viel zu großen Blutverlust bedeutet. In Emmas Fall war dies aber dringend geboten und wir mussten dieses Risiko eingehen.....

Sie hat die Kastration gut überstanden. Ich habe mir anschließend die Eierstöcke und die Gebärmutter angesehen. An einem Eierstock war lediglich ein kleines Stück entfernt, der andere Eileiter war abgebunden und auf diesem war eine taubeneigroße Zyste zu sehen. Die Gebärmutter war an die Bauchwand befestigt worden, sie war durch die starke Blutung auf Tennisballgröße geschwollen.

 

Emma war eine sehr geduldige Patientin. Ich glaube sie war froh, dass es endlich vorbei war. Wir schliefen während dieser Zeit auf unseren Matratzen neben ihr, damit sie erstens nicht die Treppen hochklettern musste und zweitens nicht alleine blieb.

Foto: Ilona Hambitzer

In dieser Zeit entstand aber scheinbar eine, von uns zunächst nicht bemerkte Spannung zwischen den Hunden. Der Stress für Emma und die Folgen, sowie der Frust für Chakka waren einfach zu gewaltig. Emma, die zwar heiß war, aber dennoch nicht daran dachte den Chakka zu erhören, griff ihn immer wieder an, wenn er versuchte sich ihr in eindeutiger Weise zu nähern, aber auch, weil sie glaubte besondere Privilegien durch ihren "Zustand" in Anspruch nehmen zu können. Trennte man beide, was wir oft und ausgiebig zwangsweise einrichteten, machte sie ihm eindeutige Angebote oder wollte unbedingt dort hin, wo er war.........Sie war in dieser Situation überhaupt nicht einschätzbar.
Irgendwann ließ sich Chakka dann die Angriffe nicht mehr gefallen und setzte sich zur Wehr, was leider mit einer unbeabsichtigten Verletzung, die in einem weißen Fell noch schlimmer aussieht als sie tatsächlich ist, endete.

Wir haben dann die Hunde rigoros getrennt, es gab keinerlei Berührungspunkte mehr. Sie konnten sich aber durch ein Trenngitter sehen. Für uns war das Verhalten der Hunde schwierig zu verstehen, denn meist ist man als Betroffener betriebsblind, hat nicht die nötige Distanz um die Situation klar zu erkennen.

In dieser Not habe ich mich an Mirjam Cordt gewandt, die mit mir lange am Telefon redete und mir Tipps gab, wie ich die Hunde am besten wieder neu zusammenführen bzw. Emma wieder neu integrieren könnte.
Ihr Buch "Hundereich" war mir dabei ebenfalls eine große Hilfe (siehe unter Bücher).

www.hsh-hilfe.de    

                                                          Schlammwittchen  -  Fotos: Ilona Hambitzer
 


Das Zauberwort hieß nun Zeit.  Spaziergänge gab es nur getrennt, jeder von uns  ging mit einem Hund, die Berührungen wurden nur außerhalb des Hauses durchgeführt. Zuerst wurde dabei ein sehr großer Abstand eingehalten, damit keiner der Hunde unter Stress geriet. Als dies klappte, gingen wir gemeinsam spazieren und versuchten diese Spaziergänge so interessant wie möglich zu gestalten.

Grundsätzlich mag Emma nämlich andere Hunde, sie geht sehr offen auf diese zu.

Bad in der Sieg

Als die gemeinsamen Spaziergänge immer entspannter wurden, versuchten wir diese Erfahrungen auch zu Hause umzusetzen. Sie wurden vorsichtig (zunächst an der Leine) zusammen in den Garten geführt, bis auch hier keinerlei Spannungen auftraten. Natürlich wurden immer wieder Ruhepause eingebaut, indem wir ein Kindergitter, was beide Hunde bequem hätten umrennen können, in die Tür stellten. Erfolge wurden ausgiebig gelobt, Chakkas Position wurde gestärkt.

Wie schon gesagt, "Zeit" heißt das Zauberwort. Im Grunde ist es auch verständlich, denn auch wir fallen nicht so ruck, zuck einem völlig fremden Menschen um den Hals, auch wir haben zunächst erst einmal Probleme uns an den anderen zu gewöhnen.

Es klappt immer besser zwischen den Hunden.....und wir sind sehr zuversichtlich, dass es zukünftig auch so bleiben wird. Denn wir haben eine Menge in der Situation gelernt, unsere Sinne wurden sozusagen für Spannungen und Probleme geschärft.

                                                                                            Foto: Ilona Hambitzer

Das erste gemeinsame Foto nach ca. 2 Monaten. Dennoch gibt es weiterhin Ruhepausen und "wir" bestimmen, wann sie zusammen sein dürfen.
Bei kleineren Rückschlägen geht man eben einen Schritt zurück und beginnt das Ganze von Neuem. Es ist eine sehr spannende Erfahrung und man lernt aus ihr eine Menge, vor allem, dass es sehr wohl möglich ist, auch einen älteren Hund aufzunehmen. Es macht Spaß und erfüllt mit großer Freude die Fortschritte zu sehen
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Wenn man dann sieht, wie so ein "alter" Hund lernt zu vertrauen, wie er sich öffnet, wie er seine Ängste und Macken verliert, berührt es die Seele. Ich bin so manches Mal zu Tränen gerührt.

Wir würden diesen Schritt immer wieder gehen.

 

Diese Fotos mag ich besonders Fotos: Ilona Hambitzer

 

Hier kann man Emma bewundern, dort heißt sie noch Rosina. Die Bilder kann man zum vergrößern anklicken.

http://www.adozionicani.it/liete.php?novella=629&big_1207425975big_1205145357rosinacanile.jpg

http://www.adozionicani.it/liete.php?novella=706&big_1217500177rosinacanile.jpg

http://www.adozionicani.it/liete.php?&pag=8